Fertigation bei Obst - Erfahrungen und Versuchsergebnisse der LVG Erfurt Tropfbewässerung und Fertigation bei Süßkirschen | ||||||||||||||||||||||||
Vortrag anlässlich des Bewässerungsseminars am 15.03.2006 in Oppenheim Monika Möhler, Fachbereich Obstbau der LVG ErfurtKlimatische Veränderungen in Thüringen Die dramatische Erwärmung der Erdatmosphäre seit dem Jahr 1990 führt bei Meterologen zu folgenden Vorhersagen für die Klimaentwicklung in Europa: · Die Sommer werden heißer und trockener · Es kommt zu starken Stürmen mit hohen Windgeschwindigkeiten und Starkniederschlägen mit großen Wassermassen · Witterungsgegensätze werden immer stärker, Wetterereignisse immer intensiver Die Temperaturkurven der letzten drei Jahre am Standort der LVG Erfurt verglichen mit dem langjährigen Mittel der vergangenen 30 Jahre bestätigen diesen Trend auch für Thüringen. Der heiße trockene August 2003 mit 18 Tagen, an denen 30 °C und mehr gemessen wurden, bei einer Niederschlagsmenge von 21,4 mm im ganzen Monat, hat das Ausmaß der damit verbundenen Probleme deutlich werden lassen. Sauerkirschen und Beerenobst zeigten vorzeitigen Blattfall, Pflaumen verdorrten am Baum und verloren ebenfalls die Blätter, Äpfel blieben zu klein, bekamen Sonnenbrand, die Reife vieler Sorten trat schlagartig und sehr früh ein. Der Anteil nicht vermarktungsfähiger Früchte stieg stark an. Ein Rücktransport von Nährstoffen aus den Blättern in die Blütenknospen für das nächste Jahr konnte durch die enorme Trockenheit kaum erfolgen. Die Niederschlagsmenge lag zum Jahresende 2003 nur bei 378 mm gegenüber einem langjährigen Mittel von ca. 530 mm für das Gebiet des Thüringer Beckens. Allerdings konnte diese Niederschlagsmenge in den letzten fünf Jahren in Thüringen auch nur einmal (2002) erreicht bzw. überschritten werden. Besonders betroffen beim Rückgang der jährlichen Niederschlagsmengen ist das Thüringer Becken mit 10...20 % Abnahme, wogegen die Niederschläge im Thüringer Wald in den vergangenen 50 Jahren um 15...20 % angestiegen sind. Die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie erwartet für die kommenden Jahre vor allem im Sommer Rückgänge bis 35 % zum langjährigen Mittel. Besonders betroffene Obstanbaugebiete in Thüringen sind die Landkreise Altenburger Land, Kyffhäuserkreis, LK Sömmerda, Saale-Holzlandkreis und Erfurt. Damit steigt die Notwendigkeit des Einsatzes wassersparender, effektiver Bewässerungsverfahren für den Obstbau in Thüringen weiter an. Die Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau Erfurt führt seit 1993 Tropfbewässerungsversuche bei Kern- und Steinobst durch. Versuchsergebnisse der LVG Erfurt zur Fertigation bei Süßkirsche Der starke Trend zu immer intensiveren Anbausystemen bei der Süßkirsche, analog dem Apfel, mit zunehmenden Pflanzdichten durch schwachwachsende Unterlagen, intensiven Pflegemaßnahmen, Einnetzung und Überdachung erfordert eine gezielte Baumentwicklung vom Zeitpunkt der Pflanzung an. Wird eine Süßkirschenneupflanzung sofort nach der Pflanzung mit Tropfbewässerung ausgestattet, werden Baumausfälle durch Trockenheit verhindert und eine kontinuierliche und einheitliche Bestandesentwicklung ist möglich. Die Erträge können bei Verwendung schwachwachsender Unterlagen bereits im zweiten Standjahr einsetzen. Stresszustände nach langen Trockenperioden können verhindert werden und die Sicherung einer ausgeglichenen Ernährung der Bäume während der gesamten Vegetationsperiode wird möglich. Dabei stellt die Tropfbewässerung ein wassersparendes und umweltverträgliches Verfahren dar. Die Sicherung der jährlichen Ertragsfähigkeit beim gleichzeitigen Erreichen der erforderlichen Fruchtgrößen wird insbesondere mit Hilfe der Fertigation (Düngereinspeisung in die Tropfbewässerung) möglich. Das Beste an der Fertigation ist die Kontinuität der Bereitstellung kleiner, sofort pflanzenverfügbarer Düngermengen Die besten Ergebnisse wurden in 13-jährigen Versuchen an der LVG Erfurt mit folgender Methode erzielt: Nach erfolgter Nmin-Analyse im zeitigen Frühjahr erfolgt eine N-Startdüngung über den Boden. Dabei wird etwa die Hälfte der für Süßkirschen empfohlenen Düngermenge gestreut. Die andere Hälfte der zu verabreichenden Düngermenge je Baum wird auf ca. 100 Fertigationstage aufgeteilt, die den Zeitraum vom Mitte April bis Ende Juli abdecken (vgl. Tab. 1). Die so ermittelte Düngermenge wird täglich der Topfbewässerung zugesetzt. Damit werden geringe Düngermengen kontinuierlich verabreicht, was eine Kontinuität in der Blatt-, Frucht- sowie in der Triebentwicklung bewirkt. Der Einfluss der Fertigation auf die Zunahme des Einzelfruchtgewichtes und damit auf die Steigerung der Erträge konnte in zahlreichen Versuchen nachgewiesen werden. Besonders positiv ist bei der Fertigation, dass stets nur geringe Düngermengen anstehen, was die Induktion problematischer Krankheiten wie Pseudomonas herabsetzt. Außerdem ist ein Eintrag von Dünger in das Grundwasser bei sachgemäßer Fertigation weitgehend auszuschließen. Der Baum kann durch den Anbauer geführt werden Der Baum kann mit Hilfe der Tropfbewässerung durch den Anbauer geführt werden. Das Ziel, einen ruhigen Baum mit jährlich gleichmäßigem, geringem Triebzuwachs und hohem Besatz an Blütenknospen pro Meter Fruchtholz zu haben, wird erreichbar. Die Entscheidung darüber, ob die Steuerung der Tropfbewässerung zeitabhängig z. B. täglich, 2 x wöchentlich oder aber nach Messung der Bodenfeuchte erfolgen soll, hängt stets von den konkreten Bedingungen einer Anlage ( z. B. Bodenqualität) sowie von der Wasserqualität ab. Da in Thüringen fast ausschließlich sehr hartes Brunnenwasser ansteht, mit hohen Salzgehalten (EC-Wert), ist die Verwendung von Oberflächen- oder Regenwasser für das Einspeisen von Düngern meist problemloser. Um Mehrnährstoffdünger verwenden u können, die meist einen hohen EC-Wert haben, ist es deshalb günstig mit Regenwasser zu arbeiten oder zu verschneiden. Das bei Süßkirschen angewandte Fertigationsregime wurde in den ersten Standjahren mit Einzeltropfern mit einer Tropfleistung von 2 bis 4 l/Baum und Tag gestaltet, ab dem 5. Standjahr wurde mit 2 Tropfern je Baum gearbeitet und die Tropfleistung bis auf 8 l/Baum und Tag erhöht. Tägliche Wassergaben verhindern einen ständigen Wechsel von Nässe und Trockenheit und erwiesen sich als sehr günstig. Bei den derzeitigen Pflanzabständen für Süßkirschen zwischen 2 und 3 Metern in der Reihe haben sich Einzeltropfer gut bewährt. Bei größeren Niederschlagsmengen wurde die Tropfbewässerung ausgeschaltet, um eine Vernässung im Wurzelbereich zu vermeiden, da die Süßkirsche besonders empfindlich auf Staunässe reagiert. Bei zuviel Wasser sterben die Faserwurzeln durch Sauerstoffmangel ab, eine Nährstoffaufnahme ist nicht mehr möglich, es kann zu Baumausfällen kommen. Gestalten sich die Witterungsbedingungen im August zukünftig ähnlich wie 2003, wird es erforderlich, weiter zu bewässern, um Trockenstress zu vermeiden. Allerdings müssen ein rechtzeitiger Triebabschluss erreicht und die Holzausreife gewährleistet werden. Schwachwachsende Unterlagen reagieren besonders positiv auf Fertigation Besonders hervorzuheben sind die positiven Ergebnisse mit der Fertigation bei Süßkirschen auf schwachwachsenden Unterlagen. Die Erträge auf der Unterlage Gisela 5 liegen deutlich über allen in diesem Zeitraum geprüften Unterlagen. In Jahren mit gleichmäßiger Niederschlagsverteilung bis zur Süßkirschenernte, wie 2001, näherten sich die Ergebnisse von Tropfbewässerung und Kontrollvariante an. Nur die Fertigationsvariante erreichte mit der Kombination von 'Regina' auf der Unterlage Gisela 5 im Mittel 8 kg/Baum mehr Ertrag als Kontrolle und Tropfbewässerung. Neben der Ertragssteigerung ist die Kontinuität der Erträge ein wichtiges Ziel der Fertigation bei Süßkirschen. Bei der Prüfung verschiedener Süßkirschsorten auf den Unterlagen Gisela 5, Piku 1 oder Tabel Edabriz wird der positive Einfluss der Fertigation auf die Regelmäßigkeit der Erträge sichtbar. So wechseln nicht Vollertragsjahre und Ausfalljahre, sondern in den Jahren mit schlechten Witterungsbedingungen liegen die Erträge immer noch bei 6, 7 oder 10 kg pro Baum, während in guten Jahren mittlere Erträge bis 30 kg pro Baum möglich sind (vgl. Abb.2). Im Süßkirschenjahr 2003 konnten mit der Kombination Regina auf der Unterlage Gisela 5 und Fertigation Spitzenerträge von fast 50 Kilogramm je Baum gemessen werden bei Fruchtgrößen von 29 mm. Die Steigerung der Einzelfruchtgewichte bei Süßkirschen ist eines der wichtigsten Argumente für die Tropfbewässerung, da die Preisbildung stark von der Fruchtgröße abhängt. Bewässerte Kirschen der Sorten ‘Kordia‘ und 'Regina' auf schwachwachsenden Unterlagen erreichten in den Versuchen der LVG Erfurt trotz hoher Erträge regelmäßig Fruchtgrößen von 28 bis 30 mm. Weitere Versuche zur Tropfbewässerung und Fertigation bei Süßkirschen Neben den zahlreichen Unterlagenversuchen mit Fertigation wurde im Herbst 2005 ein neuer Fertigationsversuch für Süßkirschen an der LVG Erfurt gepflanzt werden. Ziel ist es, wassersparende Methoden zu testen und Bewässerungstermine zu optimieren, bei denen die besten Effekte auf die Zunahme der Fruchtgrößen und auf die Steigerung der Erträge zu erwarten sind. Dazu sollen Messungen zum Bodenfeuchteverlauf mit dem Irriwise-System die Grundlage bilden. Tab. 1: Düngermengen, Düngerarten und Termine für die Fertigation bei Süßkirschen in Versuchen der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau Erfurt
100 Fertigationstagen |
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